Schluss mit Schreibblockade

8 Strategien, die wirklich helfen

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Diese Situation kennen die meisten von uns: man sitzt vor einem weißen Blatt Papier und weiß einfach nicht, wo man anfangen soll. Der Knoten im Kopf wird immer größer, man erledigt sogar lieber den Abwasch, damit man wenigsten irgendetwas Sinnvolles schafft.

In unserem letzten Blog-Beitrag zum #AcWriMo haben wir darüber spekuliert, warum es so vielen Wissenschaftlern überhaupt schwer fällt, zu schreiben. Warum ist ein kleiner Schubs wie durch den AcWriMo überhaupt nötig, um mit dem Schreiben zu beginnen? In diesem Blog-Beitrag widmen wir uns nun der größten Ursache – der Schreibblockade – und möglichen Wegen aus ihr heraus.

Tatsächlich erleben sehr viele Wissenschaftler eine Schreibblockade. Obwohl es dazu nur wenige Statistiken gibt, zeigte eine Studie in der Türkei, dass nur 6% der Erstsemester-Studierenden nie eine Schreibblockade erleben mussten. 24% hingegen hatten fast immer eine Schreibblockade und 70% der untersuchten Studierenden manchmal. Auch nach dem Studienabschluss ist das Phänomen weiterhin verbreitet: ein Jahrzehnt, nachdem Doktoranden in den USA ihre Dissertation begonnen hatten, haben 55-64% ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen.

Obwohl Schreibblockaden ein weit verbreitetes Phänomen sind, sind Sie nicht nur überraschend schwer in Worte zu fassen. Manche behaupten sogar auch, dass es sie überhaupt nicht gäbe.

Gibt es so etwas wie eine Schreibblockade überhaupt?

Mehr Menschen als erwartet behaupten, dass es Schreibblockaden schlicht nicht gibt. Paul Silva (2019) ist einer von ihnen. In seinem bekannten, englischsprachigen Buch “How to write a lot”, das sich an ein wissenschaftliches Publikum richtet, behauptet er:

Writer’s block is nothing more than the behavior of not writing. Saying that you can’t write because of writer’s block is merely saying that you can’t write because you aren’t writing. It’s trivial. Giving a fancy name to feeling frustrated with your writing makes your frustration seem more grave and complex than it is. The cure for writer’s block— if you can cure a specious affliction— is writing (42).

Für ihn ist eine Schreibblockade schlicht eine Phase, in der man nicht schreibt, weil man über das eigene Ergebnis frustriert ist. Der Begriff „Schreibblockade“ ist nur ein Modewort, das das Nicht-Schreiben schlimmer und komplexer macht, als es eigentlich ist. Dagegen hilft nur schreiben.

Auch der Journalist Rogers Simon stimmt ihm angeblich zu. Sein Vater war 40 Jahre lang LKW-Fahrer und wachte nie eines Morgens auf, um zu sagen „Ich habe heute eine LKW-Fahrer-Blockade. Ich gehe nicht zur Arbeit.“

Die Professorin Rachel Cayley (2018) behauptet, dass die meisten Doktoranden, die Schreibprobleme haben, eigentlich Probleme mit ihren Gedanken hätten. Sie fürchtet, dass durch die ihrer Meinung nach fälschliche Benennung einer „Schreib-Blockade“ das einzige Gegenmittel für diese schwierige Phase gemieden wird: das Schreiben.

Schreibblockade: ein Begriff, viele verschiedene Probleme

Sollte das Konzept der “Schreibblockade“ wirklich nicht geben? Die Probleme, die das Phänomen ausmachen, sind aber in jedem Fall real und nicht eingebildet.

Es gibt viele verschiedene Formen der Schreibblockade, und jeder Mensch durchlebt sie auf unterschiedliche Weise. Laut den Forschern, die sich intensiver mit dem Phänomen beschäftigt haben, kann eine Schreibblockade durch psychologische, emotionale, biologische oder externe bzw. verhaltensbezogene Faktoren ausgelöst werden.

Leider gibt es nur wenige Studien zu Schreibblockaden und deren Ergebnisse können zudem nicht auf die gesamte Bevölkerung übertragen werden. Was sollen diejenigen, die darunter leider, dann nur tun? Flaherty (2004) schlägt vor, selbst herauszufinden, was einem individuell am besten hilft. Denn für eine allgemeine Empfehlung ist noch weitere Forschung auf dem Gebiet nötig. Die verschiedenen Faktoren einer Blockade müssen speziell angegangen und behandelt werden – mit einer Verhaltens- oder einer medikamentösen Therapie.

Wir haben uns einige Quellen zum Thema näher angeschaut – von langen Masterarbeiten bis hin zu kurzen Blog-Beiträgen – und die hilfreichsten Tipps für die häufigsten Symptome für Sie zusammengetragen. Unsere Liste ist unvollständig, manche der Punkte überlappen sich oder sind ähnlich, und Sie erleben unter Umständen bei Ihrer Schreibblockade auch mehrere Symptome gleichzeitig. Probieren Sie diejenigen Lösungsvorschläge aus, die am besten zu Ihnen passen.

Spezielle Symptome der Schreibblockade und mögliche Lösungen

  1. Sie können schlicht nicht schreiben

    Sie sitzen vor Ihrem Computer, öffnen Ihr Dokument, und dann… passiert nichts. Sie bekommen kein Wort zu Papier.

    → Mein Tipp:
    Wenn Sie einfach keine passenden Worte finden, erinnern Sie sich daran, dass Sie eigentlich schon in der Lage sind zu schreiben – solange es um etwas anderes geht. Schreiben Sie zum Beispiel eine E-Mail an einen Freund oder eine Zusammenfassung zu einem Buch, das Sie gerade lesen. Gewöhnen Sie sich an, ein Tagebuch zu schreiben. Falls Sie etwas Sinnvolles für Ihr Projekt schreiben möchten, versuchen Sie doch mal „Freewriting“. Sie beweisen sich mit diesen Übungen selbst, dass Sie es doch schaffen, zu schreiben. Die Ursache Ihrer Schreibblockade liegt deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit bei einem der folgenden Gründe.

  2. Sie fühlen sich überfordert

    Ihr Schreibprojekt ist so groß und komplex wie nichts, was Sie zuvor zu bewältigen hatten. Wenn Sie sich zum Schreiben hinsetzen, fühlen Sie sich wie gelähmt und können nicht anfangen.

    → Mein Tipp:
    Versuchen Sie, wieder Herr über Ihr eigenes Schreiben zu werden. Dazu teilen Sie Ihr großes Schreibprojekt in viele kleine, machbare Schreibaufgaben ein. Diese Aufgaben erledigen Sie in Ihrer geplanten Schreibsession. Setzen Sie zusätzlich die Pomodoro-Methode ein, die wir in diesem Artikel vorstellen. Damit teilen Sie Ihre Zeit in kleine Blöcke ein, während der Sie konzentriert schreiben. Oder nutzen Sie die Technik eines kleinen Bilderrahmens, durch den Sie nur ein ganz kleines Ziel auf einmal sehen können. Konkret könnte Ihr Ziel sein, einen Abschnitt zu schreiben oder 100 Wörter. Der Trick dabei ist, dass Sie leichter loslegen und vielleicht auch weitermachen können.

  3. Sie wissen nicht, wo Sie anfangen sollen

    Dieses Gefühl tritt häufig in Kombination mit dem Gefühl der Überforderung auf. In dieser Situation fühlen Sie sich bereit, mit dem Schreiben loszulegen, aber sind davon überzeugt, dass Sie noch nicht genügend über Ihr Thema wissen und wie die verschiedenen Ideen zusammenhängen könnten.

    → Mein Tipp:
    Beim wissenschaftlichen Schreiben ist eine gute Vorbereitung unerlässlich. Wenn Sie Ihre Notizen, Quellen und Ihre Gliederung zur Hand haben, hat diese Form der Schreibblockade keine Chance.
    Dabei kann Sie auch Software wie Scrivener oder Citavi unterstützen. Mit Citavi fügen Sie die Zitate und Ideen, die Sie aus Ihren Quellen entnommen haben, gemeinsam mit ihren eigenen Ideen in Ihr Word-Dokument ein. Sobald Sie alle Informationen an einer Stelle sehen, können Sie die Verbindungen leichter herstellen und das Schreiben läuft wie von selbst. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Sie bereits in Citavi vorgearbeitet haben.

  4. Sie haben keine Deadline

    Geht es Ihnen auch so, dass Sie mehr zu Papier bringen, wenn eine Deadline naht? Viele von uns brauchen den Druck, eine nahende Deadline nicht verpassen zu wollen, um die Schreibblockade zu überwinden. Ohne den Ansporn einer Deadline können sich Projekte über Wochen oder Monate ziehen.

    → Mein Tipp:
    Schaffen Sie eine Art der externen Verpflichtung, damit Sie nicht auf Ihren eigenen Antrieb angewiesen sind. Der #AcWriMo ist ein großartiges Beispiel dafür: denn Sie würden mit den anderen Teilnehmern eher Ihre Erfolge, als Ihre Schreibblockaden teilen wollen, oder? Am Ende des Monats möchten Sie stolz über Ihre Ergebnisse berichten können. In der restlichen Zeit des Jahres könnten Sie sich einer Schreibgruppe anschließen, um eine Rechenschaftspflicht zu verspüren.

  5. Sie warten auf Inspiration

    Sie sind ein Schreibtyp, dem das Schreiben leichtfällt. Aber erst, wenn Sie die richtige Idee haben. Manchmal kann es jedoch etwas dauern, bis Sie diese gesuchte, passende Idee haben. Versuchen Sie dennoch zu schreiben, wenn Sie gerade nicht voller Inspiration sprühen, fühlen Sie sich festgefahren.

    → Mein Tipp:
    Silva nennt Ihren Schreibtyp “binge writing”. Sie schreiben viel am Stück und können dann auch nicht mehr aufhören. Seine Lösung? Stellen Sie einen Zeitplan für sich auf, in dem Sie regelmäßige Schreibsessions einplanen. Wenn Sie das Schreiben zur Gewohnheit machen, könnte auch die Inspiration genau dann kommen. Das bestätigte eine Studie unter College-Professoren, die in drei Gruppen aufgeteilt wurden. Die erste Gruppe sollte regelmäßig schreiben, die zweite nur bei einer spontanen Inspiration und die dritte nur, wenn es deren Pflicht war. Diejenigen, die regelmäßig schrieben, berichteten schlussendlich davon, dass sie auch häufiger inspiriert wurden. Die Gruppe, die nur bei einer spontanen Inspiration schrieb, brachte hingegen kaum mehr zu Papier als die Gruppe, die nur dann schrieb, wenn es sich nicht mehr vermeiden ließ (Boice 1990 nach Silva 2019).

  6. Ihr innerer Kritiker ist zu hart

    Wenn Sie schreiben, zweifeln Sie sich selbst an. Ihr innerer Kritiker sagt Dinge wie “Das nennst du schreiben? Wie bist du überhaupt in dieses PhD-Programm gekommen?”

    → Mein Tipp:
    Lenken Sie Ihren Fokus weg vom “guten“ Schreiben. Konzentrieren Sie sich zunächst auf objektive Ziele, wie die Zahl der geschriebenen Wörter. Sobald Sie die geschafft haben, nutzen Sie die von Cayley empfohlene Frage-Technik, um Ihren inneren Kritiker mit ins Boot zu holen.
    Schreiben Sie Ihre Zweifel in Sätzen auf wie “Ich bin mir nicht sicher, ob der zweite Absatz verständlich ist, aber ich möchte sagen, dass…“. So bringen Sie Ihre Gedanken zu Papier. Das kann Ihnen helfen, Probleme besser zu erkennen, als wenn Sie erst in Ihrem Kopf alles durchdenken, bevor Sie schreiben.

  7. Sie haben sehr hohe Ansprüche an Ihre Texte

    Sie setzen sich das Ziel, dass Ihre Arbeit jeden Leser beeindruckt. Ihre Ideen sind brillant und das sollte sich auch in Ihren Texten wiederspiegeln. Wenn Sie Ihren eigenen Ansprüchen, die Sie an sich stellen, nicht gerecht werden, fällt Ihnen das Schreiben schwer.

    → Mein Tipp:
    Schreiben Sie einen schlechten, ersten Entwurf; nach Anne Lamott sogar “shitty first drafts”. Ihre Wortwahl wird fast nie beim ersten Versuch brillant sein, sondern erst bei der Überarbeitung entstehen. Versuchen Sie, Ihren ersten Entwurf so schnell wie möglich nieder zu schreiben und nehmen Sie währenddessen keine Korrekturen vor. Sobald Sie erst einmal etwas zu Papier gebracht haben, können Sie Ihren Text viel leichter in die gewünschte Form bringen. Natürlich werden Sie dabei auch viel wieder löschen und verwerfen, aber das gehört dazu. Nehmen Sie Ihre gelöschten Entwürfe nicht als Zeitverschwendung wahr, sondern als Teil Ihres Schreib- und Denkprozesses.

  8. Ihre Schreibblockade hat medizinische Ursachen

Im Buch The Midnight Disease liefert die Ärztin Alice Flaherty (2004) gute Beweise für Ihre These, dass eine Schreibblockade bei manchen Menschen auch eine physiologische Ursache haben kann. Bei einer Depression oder einem Angstleiden fällt es den Betroffenen schwer, zu sprechen, da dieselben Hirnregionen dafür verantwortlich sind, sich in Worten auszudrücken. Mit Hilfe von Medikamenten oder anderen Therapieformen, die bei diesen Erkrankungen helfen, könnte möglicherweise auch eine Schreibblockade therapiert werden.

→ Mein Tipp:
Es gibt noch keine Studie über den Einsatz von Medikamenten bei einer Schreibblockade. Sind Sie aber von einer psychischen Erkrankung betroffen, sollten Sie Ihre Therapie beibehalten, wie Ihre Medikamente einzunehmen, zu Therapiesitzungen zu gehen, sich ausreichend zu bewegen, eine Lichttherapie im Winter zu machen, etc. Auch für alle anderen ohne diagnostizierte Erkrankung kann der Fokus auf das, was wirklich zählt, hilfreich sein. Machen Sie Sport, geben Sie Ihrem Körper genügend Erholung und Schlaf und essen Sie gesund. Ihr Verhalten hat einen großen Einfluss auf Ihre Stimmung und das kann sich wiederum auf Ihre Einstellung zum Schreiben auswirken.

Wenn Sie als Wissenschaftler Ihre Ergebnisse nicht niederschreiben können, stecken Sie in einem schwierigen Zustand fest. Da der AcWriMo immer bekannter wird, können Sie sich sicher sein, dass Sie damit nicht allein sind. Wir hoffen, dass Sie mit unseren Symptombeschreibungen und Tipps einen für Sie passenden Ansatz gefunden haben, um Ihre eigene Schreibblockade zu lösen – wenn sie das nächste Mal auftritt. Falls Sie aber nicht alleine daraus herauskommen, suchen Sie sich professionelle Hilfe, beispielsweise bei der Schreibwerkstatt oder der psychologischen Beratungsstelle Ihrer Hochschule.

Am Ende rufen wir Ihnen nochmals diesen Gedanken zur Inspiration in Erinnerung: es gibt Beweise dafür, dass das regelmäßige Schreiben gegen Schreibblockaden helfen kann. Erfahrene Schriftstellerinnen oder Autoren leiden seltener unter einer Schreibblockade als Anfänger. Wie schwer auch Ihre Blockade gerade ist, sie wird bestimmt im Laufe der Zeit immer schwächer.


Was halten Sie von unseren Tipps? Haben wir ein Symptom oder einen Lösungsvorschlag vergessen? Was machen Sie, wenn Sie eine Schreibblockade haben? Schreiben Sie uns unterhalb unseres Facebook-Postings dieses Blog-Beitrags oder per Mail.

Zur Vertiefung

Flaherty, Alice (2004): The midnight disease. The drive to write, writer's block, and the creative brain. Boston: Houghton Mifflin. ISBN: 0618230653

Lamott, Anne (2004): Bird by bird - Wort für Wort. Anleitungen zum Schreiben und Leben als Schriftsteller. Dt. Erstausg. Berlin: Autorenhaus-Verl. ISBN: 3932909445

Cayley, Rachael (2018): Writer’s block is not a struggle with your writing but with your thinking. Write your way out of it. Online verfügbar unter https://blogs.lse.ac.uk/impactofsocialsciences/2018/03/23/writers-block-is-not-a-struggle-with-your-writing-but-with-your-thinking-write-your-way-out-of-it/, zuletzt aktualisiert am 09.04.2018, zuletzt geprüft am 16.11.2020.

Silvia, Paul J. (2019): How to write a lot. A practical guide to productive academic writing. Second edition. Washington DC: American Psychological Association. ISBN: 9781433829789

Erstellt von: Jennifer Schultz – Veröffentlicht am: 17.11.2020
Tags: Schreiben


Über Jennifer Schultz

Jennifer Schultz ist die einzige Amerikanerin im Citavi-Team, was ihr ihre Kollegen aber (normalerweise) nicht verübeln. Ihre Leidenschaft, Wissenschaftler bei ihrer Arbeit zu unterstützen, brachte ihr einen erfolgreichen Studienabschluss. Sie mag es aber auch, schwierige Sprachen zu lernen, draußen in der Natur zu sein und ihre Nase in ein Buch zu stecken.

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